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Forschungsarbeit Gemeinsam leben statt getrennt wohnen? – wichtigste Ergebnisse

In beiden Projekten entstehen ganz unterschiedliche Formen von Beziehungen, die eine Mitarbeiterin folgendermaßen zusammenfasst:  „von Liebe über feste Freundschaften bis zu loser, lustiger Umgang miteinander, bis hin zu Ignorieren und auch Ablehnung, gibt’s eigentlich alles“. Im Vordergrund stehen dabei alltägliche Kontakte, beiläufige Begegnungen und sich daraus entwickelnde spontane Aktivitäten. Insgesamt besteht wenig Bereitschaft, sich darüber hinaus in den Wohnprojekten zu engagieren. Bisher fällt es beispielsweise in beiden Projekten schwer, dauerhafte partizipative Strukturen in Form einer Hausversammlung zu etablieren. Oftmals haben andere Lebensbereiche, wie zum Beispiel Schule, Ausbildung oder Studium, eine höhere Priorität. Hinzu kommt, dass Wohnheime Übergangsorte sind, wo sowohl einheimische als auch geflüchtete BewohnerInnen nur wenige Monate oder Jahre leben. Viel Zeit und Energie in die Wohnheime zu investieren, könnte daher aus der Perspektive von BewohnerInnen nicht lohnenswert sein. Das Ziel eines projektübergreifenden sozialen Miteinanders ist daher grundsätzlich zu hinterfragen. Vielmehr bilden sich alltägliche und freundschaftliche Beziehungen zwischen einzelnen BewohnerInnen heraus. Um dies zu ermöglichen sind die Projektverantwortlichen gefordert, Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen.

Hierbei spielen insbesondere die strukturellen Rahmenbedingungen eine Rolle. Diese geben die Kontaktopportunitäten vor und sind ausschlaggebend dafür, wie und wo BewohnerInnen miteinander in Berührung kommen. Im Projekt Kistlerhofstraße sind die Wohnbereiche für Geflüchtete und Studierende abgetrennt. Dies erfordert für Intergruppenbeziehungen einen zusätzlichen Aufwand, während diese im Projekt HAWI durch die gemeinsame Nutzung von Küchen und Gemeinschaftsräumen beiläufig entstehen können. Im Vergleich der beiden Projekte bestätigt sich daher die Annahme von Farwick (2007: 158f.) und Hanhörster und Mölder (2000: 398), dass vor allem die kleinräumigen Gelegenheitsstrukturen ausschlaggebend für den Kontakt sind. Darüber hinaus spielt die individuelle Motivation eine wichtige Rolle. Entgegen der vorgegebenen räumlichen Trennung ergeben sich im Projekt Kistlerhofstraße engere Beziehungen zwischen BewohnerInnen mit und ohne Fluchthintergrund. Hier werden Orte wie die Eingangspforte zu Treffpunkten umfunktioniert, die den Kontakt ermöglichen. Hingegen gibt es auch im Projekt HAWI BewohnerInnen, die trotz gemeinsamer Räume keinen Kontakt zu MitbewohnerInnen haben.

In beiden Wohnheimen können bei Konflikten allgemeine Problematiken des Zusammenlebens, wie Ordnung und Lautstärke, nicht klar von interkulturellen Problematiken getrennt werden. Teilweise werden Gruppenzugehörigkeiten als Erklärungsmodelle für Verhalten herangezogen. Hier besteht die Gefahr der Bekräftigung von Vorurteilen und von Gruppengrenzen. Von Seiten der Projektverantwortlichen sind daher Ressourcen für die Bearbeitung von möglichen Konflikten einzuplanen und bereitzustellen. Die räumliche Nähe im Projekt HAWI stellte sich als ein Verstärker potentieller Konflikte heraus. Im Projekt Kistlerhofstraße können diese durch die getrennten Wohnbereiche leicht umgangen werden. Auch Belastungen durch unsichere Aufenthaltstitel oder traumatische Erfahrungen der geflüchteten BewohnerInnen überfordern einige studentische BewohnerInnen. Das enge Zusammenwohnen im Projekt HAWI hat also Vor- und Nachteile. Einerseits wird ein intensiver und alltäglicher Kontakt erst ermöglicht, andererseits kann dieser Überforderung und Rückzug bedingen.

Soziale Kategorien sind nicht exklusiv, sondern überschneiden sich und lassen Mehrfachzugehörigkeiten zu (Brewer und Gaertner 2001: 462f.). Eine wichtige Rolle zur Überbrückung von Barrieren spielen zu den konzeptionell vorgegebenen Kategorien Geflüchtete und Studierende quer liegende, gemeinsame Zugehörigkeiten (vgl. Hewstone 2004: 13). Innerhalb beider Projekte bildeten sich Gruppen heraus, die durch gemeinsame Aktivitäten wie dem Fußball-, Playstation-, Basketball oder Tischtennisspielen verbunden sind. Ein wichtiger Aspekt ist daher die Bereitstellung von Freizeitmöglichkeiten, die direkt am Wohnort und ohne größeren Aufwand von allen BewohnerInnen gleichermaßen genutzt werden können. In den Interviews bestätigte sich die Annahme, dass nicht nur Begegnungsorte, sondern auch Begegnungsgründe wesentlich für den Aufbau von Beziehungen sind. Die strukturellen Gegebenheiten bilden im Idealfall den Ausgangspunkt für gemeinsame Aktivitäten (vgl. Allport: 1971: 281; Petermann und Schönwälder 2014: 516; Hanhörster und Mölder 2000: 399f.).

 

Die oben formulierte Ausgangsfrage, ob integrative Wohnformen die Integration von Geflüchteten ermöglichen oder fördern können, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht verallgemeinernd beantwortet werden. Wird Integration als Akkumulation von Kapital verstanden, kann die Opportunität von Beziehungen zu Einheimischen innerhalb der untersuchten Wohnprojekte als ein Startpunkt der Integration betrachtet werden. Werden Intergruppenbeziehungen eingegangen, besteht über das darin enthaltende soziale Kapital Zugang zu kulturellem Kapital und zu Informationen, die zum Beispiel bei der Wohnungs-, Ausbildungs-, oder Arbeitssuche hilfreich sein können. Darüber hinaus erleichtert der Kontakt zu Einheimischen das Erlernen der Sprache und darüber den Zugang zu Bildung und Arbeit (vgl. Esser 2001: 67). Diese Chance wird von geflüchteten BewohnerInnen, die das Zusammenleben mit Einheimischen in vielen Fällen als Vorteil und Privileg betrachten, als solche wahrgenommen.
Sowohl Bibouche und Held (2009: 18) als auch Esser (2001: 74) betonen allerdings die Zeitdimension von Integration. Die Akkumulation von Kapital erstreckt sich in der Regel über mehrere Generationen (ebd.). Vor allem kurzfristige Erwartungen an die Projekte müssen deshalb vorsichtig formuliert werden. Als eine wichtige Voraussetzung stellte sich in den Interviews die rechtliche Sicherheit der Geflüchteten heraus. Besteht jederzeit die Gefahr, in das Herkunftsland abgeschoben zu werden, ist es nachvollziehbar, wenn keine engeren Beziehungen zu Deutschen oder ÖsterreicherInnen eingegangen werden. Aus meiner Perspektive wäre es daher sinnvoll, Geflüchtete mit einem gesicherten Aufenthalt in integrative Projekte aufzunehmen. Problematisch sind diesbezüglich vor allem die Dauer und Unvorhersehbarkeit von Asylverfahren und die engen bürokratischen Vorgaben, innerhalb derer sich die Projekte bewegen.

Die Zielgruppe der jungen Geflüchteten in den Projekten ist konzeptionell eindeutig definiert. Es stellte sich allerdings heraus, dass innerhalb der Projekte ein beidseitiger Lern- und Annäherungsprozess stattfindet. In diesem Sinne ist die Zielgruppe der Geflüchteten zu kurz gegriffen. Vielmehr nehmen hier Geflüchtete und Studierende als junge Menschen gleichermaßen Kompetenzen mit, die für das gesellschaftliche Miteinander von Bedeutung sind. Weiterführend ist deshalb die Frage interessant, inwiefern Projekte wie das HAWI und die Kistlerhofstraße jenseits ihres Ziels der individuellen Integration Geflüchteter einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen erbringen.

 

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