Die Zeitschrift Informationen zur Raumentwicklung (IzR) des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumplanung beschäftigt sich im aktuellen Heft mit Geflüchteten, ihrem Ankommen und dem Zusammenleben mit der Bevölkerung.
Experten decken in diversen Beiträgen ein breites Themenfeld ab, das von Hintergründen zum Asylverfahren und einer soziologischen Untersuchung der Fremdenangst, über Vorschläge zu einer besseren gesetzlichen Umverteilung bis hin zur Integration in den Arbeits- und Wohnungsmarkt reicht.
Christian Jacobs, vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, verfasste für das IzR-Magazin einen Beitrag mit dem Titel Das Zusammenleben in der vielfältigen Stadt planen, in welchem er Integration aus stadtplanerischen Gesichtspunkten betrachtet.
Er beschreibt darin, wie sich die verstärkte Zuwanderung seit 2015 auf die Verwaltung und Planung auswirkte und wie die damals entstandenen Ergebnisse grundlegenden Zielen der Stadtentwicklung entgegenstehen.
Zuerst klärt der Autor, dass die Gesellschaft in Deutschland, insbesondere in den Städten, sehr vielfältig ist und diese Diversität als Chance und als schützenswertes Gut erkannt wird. Daher kümmert sich die Kommunalpolitik um ein gutes Zusammenleben, wobei in der integrationspolitischen Strategie seit einigen Jahren der Fokus darauf liegt, ‚Begegnung zu organisieren‘. Dies geschieht gezielt in prekären und segregierten Gebiete in Städten, in denen es eine hohe Konzentration benachteiligter Gruppierungen gibt.
Stadt- und Raumplaner sind sich über diese Gebiete bewusst und versuchen seit jeher, eine solche Segregation benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu vermeiden oder abzuschwächen, um soziale Probleme zu verhindern. Seit 2015 jedoch ist zu beobachten, dass Städte wieder viele solcher Gebiete schaffen, die den planerischen Grundsätzen widersprechen.
Dies hängt mit den begrenzten finanziellen und personellen Kapazitäten der Verwaltungen zusammen und mit dem Zwang, die Neuankömmlinge möglichst schnell mit Wohnraum zu versorgen. Die Unterbringung in oftmals improvisierten, großen Unterkünften in städtischen Randlagen und Industrie- und Gewerbegebieten sorgt derzeit für eine starke Ausgrenzung der Geflüchteten aus der städtischen Gesellschaft. Dies verstärkt ohnehin vorhandene Ausgrenzungsprozesse, die mit dem Aufenthaltsstatus, den Sprachkenntnissen und der finanziellen Lage der Betroffenen zusammen hängen können.
Eine bessere Lösung wäre die dezentrale Unterbringung in Wohnungen. Diese können viele Kommunen allerdings nicht bewerkstelligen, da sie vermehrt einen direkten Einfluss auf den Wohnungsmarkt verloren haben. Der staatliche Wohnungsbestand wurde zu großen Teilen verkauft und die Wohnbauförderung stark eingeschränkt. Die Zahl der Sozialwohnungen sank in den vergangenen Jahren bedeutend.
Planerisch ist es nicht nur nötig, ein gutes Miteinander zu fördern. Chancengleichheit und Selbstbestimmtheit, auch auf dem Wohnungsmarkt, sind ebenso wichtig. Zwingt der Markt anerkannte Geflüchtete, weiterhin in Sammelunterkünften wohnen zu bleiben oder in strukturschwache Gebiete zu ziehen, führt das erneut zu Segregationsprozessen.
Mittlerweile kommt es zu einem Umdenken und zu Bestrebungen, großflächig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Autor unterstreicht an dieser Stelle die Wichtigkeit der heute getroffenen Entscheidungen darüber, wie und wo in den Städten neue Wohnräume entstehen, da diese Faktoren die Verteilung von Bevölkerungsgruppen beeinflussen und dauerhaft die Möglichkeiten der Teilhabe am städtischen Leben mitbestimmen. Jacobs sieht daher die Politik in der Verantwortung, gezielt zu planen um aus der Handlungsohnmacht in Bezug auf Wohnraumverteilung zu entkommen.
IzR Heft 2/02
Mehr Informationen:
http://www.bbsr.bund.de
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